Als ZEITKAPSEL→ projektiert, so wie die Sindelfinger Martinskirche ihre wichtigen Dokumente
in einer Zeitkapsel – weithin sichtbar in der goldenen Kugel auf dem Turm – bewahrt und in die Zukunft weiterträgt.
Unsere ZEITKAPSEL→ Ideenspeicher und Träger mythischer und unterbewusster Strömungen wird von Professoren/KünstlerInnen
früherer Projekte und ihren Studierenden aufgeschlossen und für interkulturelle Fragen nachhaltig umgesetzt
(Sindelfingen: 48 % Migrationshintergrund - 2/3 unter 6 Jahren - zusätzlich viele Expats der Industrie).
II
Kompendium
Das Kompendium ist narrativ, verläuft nicht linear werkdokumentarisch, sondern
wendet sich den vielen Besonderheiten, Erinnerungen, Notizen und Ringen der
KünstlerInnen während ihres Arbeitens an K+PSi- Projekten zu. Nicht Katalog (s.
gesonderte Publikationen), sondern Funde zu oft gestellten Fragen: Was habt ihr und die
KünstlerInnen während des Langzeitprojekts erlebt? Eine BUCHCOLLAGE mit
vielen frei eingelegten Blättern, Skizzen, Randbemerkungen, Montagen. Eben Unvergessliches! Ein haptischer Genuss.
Am Projekt teilnehmende KünstlerInnen/Studierende:
Prof. Hannes Brunner und Studierende, weißensee kunsthochschule berlin „Lehren und Lernen als Aufführungspraxis"
Ben Dabush & Maria Jacquin, Yawen Huang, Maria Jacquin, Mio Okido, Shona Stark, Mirce Velarde-Liljehult
Prof. Gianni Caravaggio und Studierende, Accademia di Belle Arti Brera, Milano WAHRHAFTIG ÖFFENTLICH (Hannah Arendt)
Federico Cantale, Alessandro Facchini, Anna Mangone
Prof. Alba D’Urbano, Angelika Waniek und Studierende,
Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig „Erinnerung“ in szenischer intermedialer Umsetzung
Justine Bauer, Michael Hahn, Varinka Schreurs
Prof. Christian Jankowski und Studierende, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart „We don`t have a problem with Sindelfingen because we are invited”
Anette C. Halm, Gabriel Hensche & Julia Wirsching, Sören Hiob, Bangjoo Kim, JanHendrik Pelz, SD Drua, Dirk Reimes, Theo D, Alicia Hernández Westpfahl
Prof. Gabi Schillig,
Hochschule Düsseldorf, Peter Behrens School of Arts Zeitkapsel — Kommunikationsarchitektur
Ruven Wiegert
Projektförderung Stadt Sindelfingen Projektförderung Landratsamt Böblingen
Die ‚Imaginäre Künstlerkiste‘→ ZEITKAPSEL→ (1989-2015) zuLehren und Lernen als Aufführungspraxis/kunst
I
Eine prozessuale AusstellungsPerformanceWorkshop Galerie der Stadt Sindelfingen, 19.-25. Sept. 2016, Eröffnung: Freitag 23. Sept. 2016, 19 Uhr
Die 'Imaginäre Künstlerkiste' als Aktionsobjekt für einen offenen einwöchigen Workshop mit Forschern,
KünstlerInnen, Studierenden und Publikum.
Die 'Imaginäre Künstlerkiste' als Impulsgeber, notwendige neue Wege im Umgang mit den in unserem
Kunstsystem verankerten traditionellen Kunst-und Ausstellungsformaten zu gehen - dies insbesondere mit Blick auf die heutige
Kunstpraxis, weltweit ausgezeichneter Konzeptkünstler, wie z. B. Tino Sehgal, in Sindelfingen aufgewachsen,
ausgezeichnet mit dem Goldenen Löwen, Biennale Venedig 2013; Christian Jankowski, Leiter der Manifesta 2016;
Johannes Kreidler, Donaueschinger Musiktage 2015 etc. (alle mit Arbeiten bei K+PSi hervorgetreten,
s. KünstlerInnenindex).
Die 'Imaginäre Künstlerkiste' als Ideenspeicher, Methodenlabor, Katalysatorstation für
neue Choreografien (KünstlerInnen/Studierende),
Aufführungen/Interpretationen (Studierende/Publikum), selbstbewusstes Mitwirken des Publikums -
Sindelfingen, die kleine Großstadt an der Kreuzung: Industrieproduktion im Weltmaßstab und heimische Kirchturmspitze.
Alle genannten KünstlerInnen, Professoren haben an den Projekten von K+PSi teilgenommen. Sie arbeiten im hybriden (zwischen den Formaten) Raum.
Mehr noch, sie öffnen ein neues Denken in der KUNST, wie Hannes Brunner am Beispiel des skulpturalen Handelns betont:
„Seit einigen Jahrzehnten beschäftigen wir uns nicht nur mit einem dialektischen, analogen Denken, sondern vor allem mit einem digitalen,
algorithmischen, sich verselbstständigenden. Durch die aus den digitalen Archiven aufgezeichneten Entwürfe bekommt die Skulptur
eine neue, gesellschaftsrelevante Bedeutung“.
II
Die Performance 'Imaginäre Künstlerkiste' in der Galerie wird begleitet von einem literarischen Kompendium,
das den gesamten Ausstellungsprozess zum Thema hat: Zettels Traum, aus dem laufend sprachliche Fetzen in die Aktion fliegen
– eine literarische Performance (Demian Bern).
Es ist uns sehr wichtig, die klassischen Kunstformate immer wieder neu zu befragen und in Bewegung zu halten.
Die ‚imaginäre Künstlerkiste' als mobiles Aktionsobjekt für Kunstinstitutionen.
Ein Vierteljahrhundert Ausstellungstätigkeit und Projektarbeit von K+PSi,
die Weltkunst im Anschlag, soll aktiviert und in Zusammenarbeit mit Kunstinstitutionen in Baden-Württemberg und KünstlerInnen,
Studierenden weiterer deutscher Kunsthochschulen weiterentwickelt werden, um visionäre Kräfte freizusetzen.
Die Ergebnisse fließen ein in ein dreitägiges Event zum Thema Lehren und Lernen als Aufführungspraxis/kunst, das Methoden
künstlerischer Praxis in einen multimedialen Diskurs mit dem Erfahrungs-Archiv von K+PSi versetzt,
der Öffentlichkeit präsentiert und darüber hinaus nutzbar macht.
III
Lehren und Lernen als Aufführungspraxis/kunst
25 Jahre Ausstellungspraxis – Die Kunst der Ausstellung
Performing the Archive
Die ‚Imaginäre Künstlerkiste‘ ... es rappelt in der Kiste
Was hat Rolf Michaelis (DIE ZEIT) nach einem Besuch in Sindelfingen in den 80ern dazu verleitet, das schwäbische Städtchen
Sindelfingen als „kleine Großstadt an der Kreuzung“ zu bezeichnen? Welche Rolle spielt die ‚symbolische‘
Altstadt mit den angedockten Industriesolitären?
Wir wollten diesen Fragen auf die Spur kommen und haben WeltkünstlerInnen und Weltkunst in dieses alteingesessene Landstädtchen mit der
übermächtig global tätigen Autoindustrie (Daimler Benz) und der Hightech Kraft von Weltruf (HP, IBM, Gründerszene) geholt.
Ein Langzeitprojekt/experiment: Lehren und Lernen als Aufführungspraxis/kunst. „Art is what makes life more interesting than art“ (Robert Filliou) – als Überzeugung,
dass besonders eine „Kleinstadt“ Sindelfingen, ein industrielles Umfeld sich öffnen sollte: eine Bühne der Freiheit,
Verfügbarkeit und Sichtbarkeit. "Wir produzieren Gedächtnis, das ist unsere Aufgabe."
(Chris Dercon: Strukturwandel des Kunstbetriebs, DIE ZEIT-N°37).
Auch möglich:
Ein chinesisches Lastendreirad mit großer Umzugskiste rumpelt über Sindelfinger Altstadtstraßen. Sindelfingen, die Designstadt heutiger Luxuskarossen von Mercedes Benz. Einst trug die Kiste das Hab und Gut armer Auswanderer nach Amerika oder Fernost. Imaginär gleich der ursprünglichen Funktion als Schlüsseldienst trägt das Dreirad heute die Last und Lust der 25jährigen Ausstellungstätigkeit von KUNST+PROJEKTE Sindelfingen e. V. (K+PSi).
Die Basis der projektierten ZEITKAPSEL → ist das Material aus 25 Jahren Projektarbeit von K+PSi, medienübergreifend. Die ZEITKAPSEL→ wird in internationalen Begegnungen an verschiedenen Kunstakademien mit zwei Dutzend Kunststudierenden und ihren Professoren während des Sommersemesters nach Ortserkundung / Workshops gesichtet und weiterentwickelt. In Performances und einer anschließenden Ausstellung wird das Ergebnis in Form von Konzepten/Entwürfen/intermediär in der Galerie und dem Stadtraum Sindelfingen präsentiert – ergänzt durch eine begleitende Dokumentation und wissenschaftliche Vorträge, die dem Thema ‚Time Capsule‘ und der Vorstellung eines ‚imaginären Museums‘ nachspüren. Erstaunlich ist die große Anzahl ausländischer Studierender (55 %), die sich für das Projekt eingeschrieben haben.
Ausstellungskonzept Interkulturalität
< Lawrence Weiner Für Sindelfingen, 2014
Kunst als interkulturelles Bewegungselement wurde in Sindelfingen mit den großen Einwanderungswellen der Gastarbeiter/Migranten und wissenschaftlichen Expats zu einem ‚Muss‘ für die gesellschaftliche Entwicklung eines plötzlich monoindustriell geprägten Landstädtchens. Die Stadt hat sich nach dem 2. Weltkrieg zu einem Konglomerat von Solitären entwickelt (Daimler, IBM, HP, etc.), angedockt an ein alteingesessenes Ackerbauernstädtchen, eine Entwicklung, die das Gemeinwesen zu Zeiten sehr reich werden ließ und viele neue Arbeitsplätze schuf, bis der große Einbruch in den 80er Jahren (Daimlers Hochzeit im Himmel) kam. Insgesamt eine Konstellation, die die Kultur des tradierten Ortes über die Maßen herausfordert. Produktion im Übermaß, wie der junge Künstler Tino Sehgal, Sohn eines Expats in Sindelfingen aufgewachsen, erlebte und heute mit De-Produktion in performativen Kunstsituationen weltweit begegnet.
< Klasse Alba D’Urbano,
Hochschule für Buchdruck, Leipzig
Professoren/KünstlerInnen fünf bedeutender Kunstakademien, die früher an Projekten von K+PSi beteiligt waren, haben ihre Studierenden angeregt, in Sindelfingen tätig zu werden, den Stadtraum zu erforschen und die ZEITKAPSEL→ nachhaltig zu aktivieren.
In Sindelfingen, Klasse Christian Jankowski, Akademie Stuttgart >
Interkulturalität ist eine gesellschaftliche Kraft im Zeitverlauf und braucht einen langen Atem.
Die Gründung eines Forums für Zeitgenössische Kunst (K+PSi), geschah im Gegenwind einer altein-gesessenen Stadtverwaltung (vgl. Ingrid Burgbacher-Krupka, öffentlich public freehold, Stuttgart 1992), öffnete sich dann langsam in intensiver Zusammenarbeit auch mit der Galerie der Stadt Sindelfingen. Weltweit beachtete Künstler haben auf Augenhöhe der Innovationskraft der ansässigen Industrie im Landkreis Böblingen (Rang 3 im Bereich Wettbewerb und Innovation in Deutschland – „Prognos Zukunftsatlas 2016“) gearbeitet. Wichtigstes Anliegen für K+PSi war das Schaffen eines kulturellen Klimas, um Menschen der global operierenden Industrie, Zugewanderte und Alteingesessene vor Ort einander näher zu bringen. Voraussetzung für die jungen Kunststudenten heute, um mit eigenen Strategien unter neuen integrativen Herausforderungen weiterzuarbeiten.
Der im direkten Diskurs mit Gegenwartskunst immanent hohe Anspruch an die Gesellschaft, die politischen und wirtschaftlichen Kontexte und das urbane Kulturfeld, hat es in einer provinziell gewachsenen Stadt schwer. Doch genau hier setzt K+PSi an und schafft exemplarische Maßstäbe, mit und über Kunst die diversen Felder in einen kritischen Dialog zu setzen. K+PSi geht es um die Verfügbarkeit und Sichtbarkeit, um das „Gedächtnis“ der Kunst als Impuls für heutigen interkulturellen Austausch.
In den letzten Jahren haben unsere Projekte eine nachdrückliche Wendung ins Performative gemacht. Einen Wechsel vom Kunstobjekt zum Prozess, der sich in performativen Situationen, raumspezifischen (site specific) Installationen und zeitbasiertem Handeln ausdrückt. Diese Entwicklung greift das neue Projekt mit der Weiterarbeit an der Sindelfinger ZEITKAPSEL→ auf.